Die orphische Theogonie im Papyrus von Derveni vor dem Hintergrund von Hesiods Theogonie und orientalischer Kosmogonien
Abstract
Bei der sogenannten Orphik handelt es sich um eine vielschichtige Erscheinung im Bereich von Mythologie, Dichtung und Kult, die nicht nur hinsichtlich genauer Abgrenzung, sondern auch begrifflich problematisch ist. Von besonderem Interesse sind die als orphisch bezeichneten Gedichte in theogonischer Form, die allesamt Orpheus als ihren Autor angeben. Solche Gedichte sind auch für die vorchristlichen Jahrhunderte belegt, aber wenn überhaupt nur dürftig überliefert, weshalb Vermutungen über diese altorphischen Inhalte lange Zeit nur spekulativ sein konnten. Mit dem Zufallsfund des Papyrus von Derveni in den 1960er Jahren wurden aber Reste einer altorphischen Theogonie entdeckt, die auffällige Übereinstimmungen mit, aber auch entscheidende Abweichungen von Hesiods Theogonie aufweist: Zentrale Motive finden sich teils abgewandelt und reinterpretiert in der orphischen Theogonie wieder und lassen sich zudem mit orientalischen Schöpfungsmythen vergleichen. Hinzu kommt die durch die Jahrhunderte hindurch proklamierte Autorenschaft der nicht weiter bekannten Entität Orpheus, die sich zwar nicht mit der berühmten mythischen Sängergestalt Orpheus gleichsetzen lässt, aber möglicherweise wenigstens bezüglich der Namensgebung auf die gemeinsame Vorlage des sogenannten Goëten berufen kann. Auch hierzu lassen sich bei Hesiod Anhaltspunkte finden.
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